Wenn Grüne und Piraten die Regierung stellen

Auch am Frauenlob Gymnasium wurde der Bundestag gewählt - leider nur symbolisch. Dabei erkoren die Schüler die Grünen zur neuen und einzigen Volkspartei.

Die Diskussion, ob man das Wahlalter in Deutschland senken sollte, wird schon seit Jahrzehnten geführt, und bisher haben immer die Gegner dieser Idee das letzte Wort gehabt: Die Jugend sei ohnehin nicht politisch interessiert; andere Sachen dürfte man auch erst als Volljähriger machen; wenn man jung ist, versteht man sowieso noch nichts von Politik - so die Argumente. Weil aber die Befürworter eines Jugendwahlrechts einfach nicht Ruhe geben wollen, gibt es nun auch Bundestagswahlen an Schulen.

Das Projekt nennt sich Juniorwahl und wird von den Schulen (meist einem Haufen engagierter Schüler) eigenständig durchgeführt. Die Bundeszentrale der Juniorwahl gibt nur Tipps und stellt die Wahlsoftware bzw. die Wahlzettel zur Verfügung; diese sehen aus, wie die tatsächlichen Bundestagswahlzettel; alle zugelassenen Parteien sind wählbar. Wählen durfte am Frauenlob jeder Schüler der Schule ab der neunten Klasse - also ungefähr ab 15 Jahren.

Die Ergebnisse werden nun an der Schule veröffentlicht sowie an die bundesweite Sammelstelle weitergegeben, so dass dann ein deutschlandweites Ergebnis der Jugend-Bundestagswahlen bekannt gegeben wird; vielen Zeitungen ist es zumindest ein Artikelchen neben den Berichten zur tatsächlichen Wahl wert. Der Haken an der Sache ist klar: Die Ergebnisse haben keinerlei Auswirkungen auf die reale Politik. „Es gibt kein Jugendparlament, und von vielen Politikern werden die Zahlen nicht einmal wahrgenommen. Klar, dass viele Jugendliche frustriert sind, dass sie nur simulieren und nicht wirklich partizipieren dürfen“, kommentiert Steffen Zorn (MSS 13).

Trotzdem sind die Organisatoren am Frauenlob guter Dinge, dass nicht alles umsonst war: „Es geht darum, ein erstes Interesse für Politik bei Jugendlichen zu wecken“, erklärt Simone Radmacher, die das Juniorwahl-Team zusammen mit Christoph Dischinger (beide MSS 12) koordiniert. „Wir hatten Stellwände in der Schule aufgestellt, anhand derer sich die Schüler über die zur Wahl stehenden Parteien informieren können.“

Das Ergebnis zeigt einen klaren Trend der zukünftigen Wählerschaft: Die bisherigen Volksparteien rutschen deutlich ab - die CDU auf 12,4, die SPD auf 13,4 Prozent. Jedoch stehen auch FDP (13,6%) und Piraten (es gelang immerhin ein bequemer Bundestagseinzug mit 8,1 Prozent) nicht wesentlich besser im Kurs; die Linke verpasste mit 4,2 Prozent gar die Fünfprozenthürde. Nein, der Liebling der Schülerschaft des Frauenlobs ist eindeutig: Die Grünen erreichten fulminante 42,1 Prozent und die Direktkandidatin Tabea Rößner gewann den Wahlkreis mit 201 Stimmen vor Michael Hartmann (SPD) mit 178 Stimmen. Die Regierung würden wohl Grüne und Piraten bilden.

„Das grüne Wahlprogramm leuchtet gerade jungen Wählern schnell ein, weil speziell das Thema Umweltschutz sehr greifbar ist. Viele weniger informierte Schüler sind wohl davon ausgegangen, dass man mit den Grünen einfach am wenigsten falsch machen kann“, interpretierte Christoph Dischinger das überraschende Ergebnis. Steffen Zorn wiederum findet es erstaunlich, dass die Linkspartei den Einzug verpasst hat: „Die ehemaligen großen Volksparteien sind zwei unauffällige Parteien innerhalb eines ausgeglichenen Fünf- bis Sechsparteiensystems geworden; das ist eine realistische Entwicklung, wenn man vom Ausreißer der Grünen absieht.“ Bei der letzten Juniorwahl an der Schule hatte 2005 noch die SPD nach der absoluten Mehrheit gegriffen.

Zur Wahl aufgerufen wurde am 23., 24. und 25. September, den Schultagen vor der Bundestagswahl. Vorher schon erhielt jeder wahlberechtigte Schüler eine Wahlbenachrichtigung, mit der er dann zusammen mit seinen anderen Klassenkameraden zu einem bestimmten Zeitpunkt in vorbereiteten Räumen ganz unter realistischen Bedingungen sein Kreuz machen konnte - auf dass er oder sie dann bei seiner ersten richtigen Wahl nicht mehr ganz ahnungslos vor dem langen Zettel mit den viele Kästchen steht. Schließlich können die Wahlen der Erwachsenen von 95% Wahlbeteiligung nur träumen.

 

Von Sören Götz, MSS 13, im Auftrag des Juniorwahl-Teams

 

Siehe auch: http://www.juniorwahl.de/