Schweigemarsch am 9.November

Am Morgen des 20.3.1942 werden Mainzer Juden in ihren Wohnungen aufgesucht, zumeist sind das schon Wohnungen in einem sogenannten „Judenhaus“, die sie zwangsweise beziehen mussten, weil man die Juden aus Mainz und Umgebung hier untergebracht hat, um die geplanten Deportationen vorzubereiten, die Verhältnisse sind sehr beengt. Die auf der Liste stehen- es sind fast 500- sollen innerhalb von drei Stunden ihr Gepäck, einen kleinen Rucksack oder eine Tasche und 50 RM packen, die Wohnung ordentlich verlassen und alle Schlüssel abgeben. Die Gestapo-Männer dulden keine zeitliche Verzögerung, oft dürfen sie nicht einmal ihre Ausweispapiere mitnehmen und bekommen stattdessen ein Pappschild mit ihrem Namen umgehängt. Frisch Verheiratete, wie Hannelore und Adolf Löwensberg oder ältere Menschen wie Bella Baumgarten, alle werden in der Turnhalle der Feldbergschule versammelt. Es fehlen nur die, die sich wegen der drohenden Deportation das Leben genommen haben, so Thekla Hölzer oder Bärbel Bamberger.

Von diesem Platz aus wurden die Mainzer Juden und Jüdinnen in den frühen Morgenstunden des folgenden Tages zum Güterbahnhof an der Mombacher Straße gebracht, wo sie in Viehwaggons zusammengedrängt ohne Licht, ohne Wasser, stunden-, tagelang in den Osten deportiert wurden, im März 1942 in das Ghetto Piaski bei Lublin, das als Sammellager diente, und von da aus später in die Vernichtungslager. Dass man sich wiedersehe in Mainz, dieser aussichtslosen Hoffnung, gibt Hannelore Löwensberg auf ihrer Postkarte von dort nach Hause noch Ausdruck.

Im Herbst 1942 wurden zwei weitere Deportationen durchgeführt, die Sammelstelle war diesmal die Turnhalle der Goetheschule. Einer der Transporte führte in das Ghetto Theresienstadt, der andere vom 30.September direkt in die Vernichtungslager Auschwitz oder Treblinka. Weitere Mainzer Juden und Jüdinnen wurden im Februar 1943 aus Mainz und in den Jahren 1942/43 auch aus anderen Ländern wie Frankreich oder den Niederlanden deportiert, wohin sie geflohen waren.

Zu ihnen gehörten auch Schülerinnen unserer Schule und ihre Familien:

Wie Hannelore Löwensberg und ihr Mann Adolf, ihre Mutter Bella Baumgarten, die über 90jährige Amalie Löwensberg, Ruth London und ihr Bruder Walther London, Aenne Maria Hirsch und ihre Eltern Selma und Eduard Hirsch, Pauline Fraenkel, Hannelore Metzger und die Lehrerin Johanna Sichel, um nur einige zu nennen.

Dieses Jahr am 9.November wird an diese Deportierten gedacht werden, die gedemütigt, brutal behandelt und wie Tiere abtransportiert wurden, voller Angst vor Erniedrigung und Gewalt und um ihr Leben.

Um an die zu denken, die diesen Weg gehen mussten, soll es am 9.November, dem Gedenktag der Pogromnacht, einen Schweigemarsch geben, der von der Stadt Mainz, der jüdischen Kultusgemeinde, dem Verein für Sozialgeschichte und dem Haus des Erinnerns organisiert bzw. unterstützt wird.  Er beginnt am 9.11. um 16.45 Uhr an der Neuen Synagoge.

Es wäre schön, wenn in Gedenken an die jüdischen Schülerinnen unserer Schule und als Zeichen gegen antisemitische Haltungen in der Gegenwart, viele Mitglieder der Schulgemeinschaft des FLGs daran teilnehmen könnten.

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