Der Hausmeister als Türöffner

Allgemeine Zeitung vom 22.03.2018 

Von Frederik Voss

ARMIN TRTOVAC Als Teenager trainierte er morgens vor der Schule in Mainz – jetzt spielt er Bundesliga

MAINZ/FRANKFURT - Selbstverständlich war es natürlich nicht, dass der Hausmeister des Frauenlob-Gymnasiums in Mainz damals die Schulsporthalle aufschloss. Morgens vor der Schule. Um Basketball spielen zu können. „Das war nett von ihm, aber er fand es auch irgendwie cool“, sagt Armin Trtovac. 15 Jahre war er alt. Er wohnte in der Mainzer Neustadt, ging dort zur Schule und spielte dort Basketball. Dieses Jahr wird Trtovac 21. Er wohnt jetzt in Frankfurt, geht nicht mehr zur Schule, spielt aber immer noch Basketball. Nicht mehr im Frauenlob-Gymnasium, nicht mehr auf den Freiplätzen am Rhein, auf denen er gerade erst zum Basketball gefunden hatte, weil er Spieler wie Shaquille O’Neal bewunderte. Darüber muss er heute übrigens selber ein bisschen lachen. Nein, er spielt jetzt in Frankfurt, bei den Fraport Skyliners – in der Bundesliga.

Der Wechsel nach Oppenheim war „die beste Entscheidung“

Dreimal oder viermal in der Woche stand der 2,12-Meter-Mann in der Schulsporthalle. Dort entstand in seinem Kopf auch das Ziel Bundesliga. „Training, Training, Training“, sagt er. „Knapp eine Stunde haben wir am Basketball gearbeitet und Stabi-Übungen gemacht.“ Trtovac war nicht alleine. Thierry Fimmel hatte den Center in der Jugend des ASC Theresianum gesehen. „Ich habe ihn gefragt, ob er nicht mehr machen will“, sagt der Trainer des TV Oppenheim. Trtovac wollte, auch weil er beim ASC nicht wirklich das Gefühl hatte, die richtige Förderung zu bekommen. Also gingen sie gemeinsam nach Oppenheim – und jeden Morgen in die Frauenlob-Halle. „Es war die beste Entscheidung“, sagt Trtovac.

Es fällt ihm schwer, die menschliche Ebene dieser Entscheidung zusammenzufassen. „Ich kann mit Thierry über alles reden“, sagt der 20-Jährige über den 37-Jährigen. „Er ist Trainer, Mentor, bester Freund und es ist auch ein bisschen Erziehung dabei.“ Thierry Fimmel kann das mit der Erziehung nur bestätigen. Er ist baff, wenn er sieht, wie abgeklärt sein Schützling heute im VIP-Raum der Fraport Arena nach Bundesligaspielen Interviews gibt. „Vor 5000 Zuschauern zu spielen, das prägt“, sagt Fimmel. In Oppenheim hat er ihn selbst geprägt und der Landesliga-Coach erinnert sich auch noch an so manche Laune des Teenagers.

 
 

Aber es lohnte sich. Die Anfragen der größeren Klubs kamen schnell. Speyer, Langen und dann auch die Skyliners. Und dann lief es, wie es manchmal so läuft: Thierry Fimmel kannte den Frankfurter Nachwuchs-Chef Sebastian Gleim noch aus dem Norden Deutschlands und Gleim lernte Armin Trtovac kennen, als der in einem Testspiel 20 Punkte auflegte. Gleim fragte an, stellte Fimmel und Trtovac das Jugend-Konzept der Skyliners vor und kurz darauf pendelte der junge Basketballer jeden Tag von Mainz in den Frankfurter Norden ins Training der Nachwuchsbundesliga (NBBL)-Mannschaft. Trtovac sagt: „Ich habe immer durchgezogen.“

So auch neben dem Feld: Er zog nach Frankfurt, machte dort sein Abi und ließ sich im vergangenen Jahr von einem Mittelfußbruch nicht unterkriegen. „Die Bedingungen hier sind perfekt“, sagt der 20-Jährige. Er wohnt über der Trainingshalle und zeigt, was er kann: In der Zweiten Mannschaft der Skyliners in der Pro B, der Dritten Liga, ist er Leistungsträger. Auf dem Bundesliga-Parkett sammelt Trtovac immer wieder Minuten, im Januar in Tübingen war er plötzlich der einzige gesunde Frankfurter Center und überzeugte in zehn Minuten mit acht Punkten und fünf Rebounds. „Das kam überraschend, war aber ein solider Job, glaube ich“, sagt Trtovac.

Thierry Fimmel sieht er immer mal in der Halle oder sie telefonieren. Das Training haben inzwischen die Skyliners-Coaches Klaus Perwas und Gordon Herbert übernommen – nicht mehr in der Schulsporthalle, sondern in „Basketball City Mainhattan“, so heißt das Trainingszentrum des Bundesligisten. Das Ziel Bundesliga gibt es nicht mehr. Die ist schon Realität. „Die Euroleague hatte ich schon immer im Kopf“, sagt er. „Das wäre top.“ Armin Trtovac als einer der besten Centers Europas? Der Hausmeister des Frauenlob-Gymnasiums fände das wahrscheinlich auch ganz cool.

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