Schreibend nach Antworten suchen - Eine Lesung von Dörte Hansen

Die Aula ist gefüllt am Donnerstag, den 29.9., auf der Bühne sitzen Schüler und Schülerinnen der vertretenen Deutsch-Kurse und Dörte Hansen, Mainzer Stadtschreiberin und Erfolgsautorin, aufmerksam und präsent.

Die Mehrheit der Anwesenden kennt das „Alte Land“, aus dem sie nun vorliest, als sie ihren Rhythmus gefunden hat, wie sie es ausdrückt. Sie liest drei Passagen: den Anfang des Romans und aus den Kapiteln „Frostspanner“ und „Bauerntheater“. Zwischen diesen Auszügen aus dem Roman beantwortet sie Fragen der Schüler und Schülerinnen, kommt ins Gespräch mit ihnen.

Welche Figur ihr am Herzen liege, welche schwierig war, ob es einen biografischen Bezug zum Thema Krieg und Flucht gäbe. Die Autorin antwortet offen, beantwortet jede Frage und nimmt die Fragenden ernst. Das Thema Flüchtlinge ist ihr wichtig, nicht nur im Roman, der im Jahr der Flüchtlingskrise erschien. Sie spricht ihr Erstaunen darüber aus, dass die Kriegs- und Fluchterfahrung der Menschen in Deutschland nicht zu mehr Verständnis für heutige Flüchtlinge führt. Dörte Hansen hat ein Interesse an Menschen: Wie bist du geworden, wie du bist?

Etwas mehr als eineinhalb Stunden bekamen die Schüler und Schülerinnen einen interessanten Einblick in die Arbeit einer Schriftstellerin, die nicht nur Offenheit für Inspiration, sondern auch harte Arbeit bedeutet, eine tägliche Beschäftigung mit Stoff und Sprache, die im Falle von Dörte Hansen größtenteils außerhalb ihres Hauses in einem kleinen Büro stattfindet. Schreiben sei eine einsame Tätigkeit und sie müsse aushalten, dass oft wenig passiere. Die Zuhörenden interessierten sich auch für ihre Haltung zu verschiedenen Themen, die „Altes Land“ aufwirft, wie Sterbehilfe oder Kindererziehung, zu denen sie Stellung bezog. Die Antworten auf die Fragen nach dem Stoff der Bücher und nach ihrer Biografie zeigten ihre Nähe zu der Landschaft, den Menschen und der Sprache, Plattdeutsch, mit denen sie groß geworden ist.

Ihren schriftstellerischen Werdegang beschrieb Dörte Hansen in Stationen der Auseinandersetzung mit Sprache: Nach dem Linguistik-Studium folgte die journalistische Arbeit beim NDR und dann die Arbeit an ihrem ersten Buch, „Altes Land“, dem ein nicht vorhersehbarer Erfolg beschieden war und ist. Sie möchte sich schreibend die Welt erklären und habe dabei nicht die Leser und Leserinnen im Kopf, sondern versuche sich selbst Fragen zu beantworten: Was führt dazu, dass ein Mensch heimisch wird und was verhindert das? Ein wichtiges Thema in ihren Büchern ist das Sich-fremd-Fühlen und eigentlich dazugehören wollen

Nach den filmischen Umsetzungen ihrer Bücher gefragt, sprach sie voll Anerkennung von der Arbeit des Filmemachens, Drehbuch und Regie, die sie bei der Mitarbeit bei der Verfilmung von „Mittagsstunde“, gerade im Kino angelaufen, kennengelernt hat. 

Am Ende der Lesung wartete eine lange Schlange auf Dörte Hansen, die die Bücher der Wartenden signierte und auch hierbei für persönliche Kommentare und Bemerkungen der Schüler und Schülerinnen ein offenes Ohr hatte.

An diesem Vormitttag gelang eine Annäherung an eine Autorin und ihr Buch mit kleinen Einblicken in den Schreibprozess eines Romans.

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