Erinnerungsarbeit mit dem Messingputzmittel

Putz-Aktion der Stolpersteine für unsere ehemaligen Schülerinnen und ihre Familien

 

Gerade hat Gunther Demnig mit seinem Projekt Stolpersteine Schlagzeilen gemacht, denn er hat den 70.000sten Stolperstein für ein Opfer der Verfolgung durch den Nationalsozialismus verlegt. Ein Stein aus Messing, in den der Name, die Lebensdaten und Hinweise auf das Schicksal dieser Menschen eingraviert sind. Diese Steine, jeder eine Handarbeit, werden vor dem letzten selbstgewählten Wohnort des Opfers in den Bürgersteig gesetzt. 37 dieser Steine sind auf Initiative unserer Schule und des Vereins für Sozialgeschichte in Mainz für ehemalige Schülerinnen, eine Lehrerin und deren Familien verlegt worden. Begonnen hat dies im Jahr 2013 unter anderem mit den Steinen für Hannelore Baumgarten und ihre Familie und für die Lehrerin Johanna Sichel. Die Beschäftigung mit den Biographien der Verfolgten hat bei den Schülerinnen der Stolperstein-AG und anderen, die sich damit befasst haben, eine andere und um vieles persönlichere Sicht auf das Schicksal der Betroffenen ermöglicht. Hinter den großen Zahlen verbergen sich Einzelschicksale. Dies aufzuzeigen ist ein großes Verdienst des dezentralen Mahnmals, das in vielen Ländern Europas verbreitet ist.

Gedenken lebt jedoch auch von einem wiederkehrenden Erinnern – schnell trübt der Staub des Alltags wieder die Sicht auf das Geschehene. Damit diese Erinnerungsarbeit nicht in Vergessenheit gerät, wird sie nun von Schülerinnen und Schülern unserer Schule „aufpoliert“. Das heißt zum einen, dass die teilweise grau gewordenen Steine geputzt werden, damit man die Inschriften wieder lesen kann, zum anderen aber auch, dass dabei mit immer wieder neuen Schülergenerationen das Schicksal der Familien und Einzelpersonen eingebettet in die Beschäftigung mit der Geschichte des NS thematisiert wird.

Begonnen hat damit am 17.10.18 der Leistungskurs Geschichte von Herrn Michel. Nachdem die Schülerinnen und Schüler sich im Unterricht mit einzelnen Themen wie den Judenhäusern oder der Deportation befasst hatten, starteten sie einen Rundgang zur Geschichte der Ausgrenzung, Verfolgung und Deportation der Mainzer Juden. Dieser endete bei den Steinen für die Familie London in der Josephstraße: Ruth London, eine Schülerin unserer Schule, die mit 21 Jahren im KZ Majdanek ermordet wurde, ihr Bruder Walther London, der mit 17 Jahren dort den Tod fand, ihre Eltern Selma und Max London, ermordet in Theresienstadt.

Ziel der Aktion ist es, die Menschen, für die Steine verlegt worden sind, in das Gedächtnis der Schulgemeinschaft zurückzuholen und die Weltanschauung und Politik, die zu deren Verfolgung geführt hat, zu analysieren, zu diskutieren und zu bewerten. Daher sind in diesem Schuljahr weitere „Putz-Aktionen“ geplant. Vielleicht können einzelne Schülergruppen sogar „Patenschaften“ übernehmen.

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